Übersetzer für Bahntechnik lieben die Praxis

Als Deutsch-Niederländisch Übersetzer für Bahntechnik nutze ich gerne die Gelegenheit, Praxis aus nächster Nähe zu erleben. Der Tag der offenen Tür des Alstom-Werks Stendal im Rahmen seines 150-jährigen Bestehens am 23. September 2023 war für mich daher ein Muss. Das Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks befindet sich direkt hinter meinem Haus, doch eine lange Backsteinmauer verstellt den Blick auf das 65.000 m2 große Gelände. Nun konnte ich endlich einmal sehen, was sich dahinter verbirgt.

Bild des Eingangs des Alstom-Werks an der Tangermünder Straße in Stendal
Eingang Tangermünder Straße © Marion Caris

Das Übersetzen von Texten im Bereich Eisenbahntechnik ist spannend und herausfordernd. Das Schöne an diesem Fachgebiet ist, dass man als Übersetzer sehr einfach hinter die Kulissen schauen kann. Denn Züge, Gleise und Bahnhöfe sind ein fester Bestandteil der Welt, in der wir uns täglich bewegen. Wenn ich mit meinem Hund am Gleis entlang spazieren gehe, kann ich mir genau anschauen, wie der Gleiskörper und das Fahrleitungssystem aufgebaut sind. Am Bahnsteig kann ich die Drehgestelle mit Dämpfern und Federung von einem stillstehenden Zug von ganz nah betrachten. Und im Zug selber sehe ich die Sicherungseinrichtungen und kann ich einen Blick in den Schaltschrank werfen. Trotzdem bleibt vieles so lange fürs Auge verborgen bis ein Triebfahrzeug oder einen Wagen auseinandergebaut wird. Dann erst kommt das Innenleben zum Vorschein. Aber wann hat man mal die Möglichkeit ein Ausbesserungswerk zu besuchen? Man freut sich also, wenn ein Unternehmen wie Alstom seine Tore fürs Publikum öffnet.

Übersetzer lieben Technik zum Anfassen

Nun kann man als Übersetzer für Bahntechnologie und -infrastruktur in Deutschland auch auf eine Vielzahl guter Fachbücher zurückgreifen. So gibt Deutsche Bahn zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Bahnfachverlag die DB-Fachbuchreihe heraus. Diese umfasst u.a. Bände zu Schienenfahrzeugtechnik, Bremstechnik, Stellwerken oder auch Eisenbahnrecht. Niederländischsprachige Literatur ist dagegen viel dünner gesät. Es gibt gute Referenzmaterialien, aber man muss sie sich zusammensuchen. Außerdem fehlt es darin oft an detaillierten Zeichnungen und Bildern von wichtigen Teilen. Die deutsche Fachliteratur ist da sehr viel umfangreicher und vollständiger und geht viel mehr ins Detail. Aber es geht natürlich nichts über „the real thing“.

Bild der Instandhaltungshalle des Alstom-Werks in Stendal mit auf dem Vordergrund eine Lok mit Hybridantrieb über eine Arbeitsgrube.
Instandhaltungshalle © Marion Caris

Am beeindruckendsten fand ich die hohe Instandhaltungshalle mit Brückenkran, womit die vielen Tonnen schweren Lokomotive hochgehoben und über die Arbeitsgruben gestellt werden. Hier konnten die Besucher viele Loks in verschiedenen Stadien der Instandsetzung und Überholung betrachten. Zu sehen waren unter anderem eine V 100-SP-009 Diesellok, eine DB AG 202 885-0 und einen Lok der Harzer Schmalspurbahn. Manche waren komplett entkernt. Die verschiedenen Teile, wie Drehgestelle, Radsätze, Batterien und Wellen, gehen jeweils in „eigene“ Hallen für weitere Bearbeitung. Auch diese waren fürs Publikum geöffnet.

Das Wort der Wörter: Fertigungstiefe

Obwohl der Schwerpunkt auf Rangier- und Streckenlokomotive liegt, werden in Stendal auch Reisezugwagen modernisiert. Noch bis 2026 bekommen zum Beispiel 169 Doppelstockmittelwagen der Bahnunternehmen metronom und START Unterelbe neue Sitze, Klapptische mit Laptophalterungen, Steckdosen und WLAN. Auch werden die Wagen neulackiert in der eigenen Lackierhalle. Es gibt eigentlich kaum Arbeiten, die nicht intern ausgeführt werden können, was von einer hohen Fertigungstiefe zeugt.

Bild der Halle für Drehgestelle des Alstom-Werks in Stendal mit oben einen Brückenkran
Halle für Drehgestelle mit Brückenkran © Marion Caris

Auch im Bereich Innovation spielt Alstom ganz vorne mit. Das Unternehmen setzt im Rahmen der bis 2050 umzusetzenden Dekarbonisierung des Schienenverkehrs auf Nachhaltigkeit, um die wachsende Nachfrage nach grüner Mobilität entsprechen zu können. Im Werk werden Diesellokomotive auf Elektro- oder Hybridantrieb (Batterie und Dieselantrieb) umgerüstet, künftig auch auf Wasserstoffantrieb. Dafür läuft momentan ein Innovationsprojekt mit mehreren Partnern. 2024 soll die erste Rangierlok mit Wasserstoffantrieb vom Werksgelände in Stendal rollen. Wer weiß, höre ich dann wie das Makrofon einen freudigen Ton von sich gibt.